Der Tango ist wie das Leben. Das hört man so oft. Klingt ja schon fast abgedroschen, unoriginell und trivial. Trotzdem denkt man sich das selbst oft genug. Für mich ist es so. Was auf das Leben zutrifft, trifft auch auf den Tango zu. Und umgekehrt. Was im Tango eine Rolle spielt, spielt auch im eigenen Leben meistens eine Rolle. Schönes Beispiel: Warum schwingt ein Boleo nicht, wie er soll? Obwohl man doch irgendwie gefühlsmäßig und vermutlich auch technisch alles richtig macht?
Der Punkt ist aber doch vielleicht, dass irgendwo ein Muskel sitzt, der festhält. Der nicht loslässt. Der das Bein letztlich daran hindert, völlig frei zu schwingen und nachzugeben. Die Frage ist, warum blockiert dieser Muskel oder wo sitzt die Blockade? Jede Bewegung im Tango erzählt uns so viel über unseren Zustand, unser Befinden. Und wenn man genau darauf achtet, in sich hineinspürt, sich selbst beobachtet, wird man viel erfahren über vielleicht Kleinigkeiten, die aber im Leben irgendwie doch eine große Rolle spielen. Und die einen sicher weiterbringen werden. Und schließlich ist es so: Man kann tanzen. Und man kann tanzen. Das eine wird nicht mehr sein, als Tanz. Das andere ist sehr viel mehr.
Und ja, à propos Weiterkommen. Der Ex-VW-Manager Daniel Goeudevert hat viele kluge Dinge gesagt. Unter anderem diesen Aphorismus zum Thema Fortschritt, den mir ein sehr lieber Tanguero und Freund gegeben hat und den ich sehr wahr und schön finde:
»Im Leben muß man eben oft, wie beim Tango,
auch mal zwei Schritte nach hinten machen,
auch mal zwei Schritte nach hinten machen,
um dann einen nach vorne zu tun.«